
Bei der digitalen Audiowiedergabe scheiden sich die Geister, ob sich das Abspielen über Festplatte gegenüber dem Streamen über Qobuz oder Tidal besser anhört. Bei einer Diskussion in einem Forum kam dann dieser interessante Satz:
Es bleibt einfach der Vorteil der Digitaltechnik, dass die Nullen und Einsen gleich bleiben, egal von welcher technischen Quelle sie kommen.
Dem stimme ich zu. Trotzdem höre ich Unterschiede zwischen der Festplattenwiedergabe und dem Streaming von Qobuz.
In den Grundlagen erörtern wir die wesentlichen Unterschiede der Datenqualität zwischen analogen und digitalen Speichermedien. Aufgrund der unterschiedlichen Medien lassen sich die Klangunterschiede leicht erklären. Schwieriger wird es bei digitaler Kost von unterschiedlichen Quellen. Im Praxisteil versuche ich mich mit einem Erklärungsmodell, warum es zu den Klangunterschieden bei unterschiedlichen digitalen Quellen kommen kann.
Grundlagen
Speichermedien
Analoge Speichermedien
Die Daten werden als Wellenformen oder Magnetisierungen gespeichert. Datenträger sind zum Beispiel Schallplatten, Tonbänder, VHS, Kassetten.
Die Signalqualität wird mit der Zeit schlechter. Das liegt zum Beispiel an Abnutzung oder Magnetfeldverlust. Rauschen und Verzerrungen sind in der analogen Welt normal. Jede Kopie ist schlechter als das Original. Die Qualität der Aufnahme wird durch das verwendete Material (Vinyl, Magnetbänder) eingeschränkt.
Digitale Speichermedien
Informationen werden in Zahlen gespeichert, meistens 0 und 1 (binär). Datenträger sind zum Beispiel: CDs, DVDs, SSDs, USB-Sticks und digitale Audioformate wie WAV und MP3.
Wenn kein Datenverlust eintritt, dann ist die Datenqualität immer gleich egal wie oft das Material abgespielt wird. Kopien sind genauso gut wie das Original. Die Qualität der Aufnahme wird durch die Auflösung vorgegeben, die nach oben nahezu unbeschränkt ist. Wenn die Digitalisierung nicht gut genug ist (z. B. zu niedrige Auflösung), kann es zu Verlusten kommen.
Vergleich der Datenqualität
Kriterium | Analog | Digital |
---|---|---|
Signalform | Kontinuierlich | Diskret (binär) |
Störanfälligkeit | Hoch (Rauschen, Verschleiß, Alterung) | Gering (bei funktionierender Fehlerkorrektur) |
Kopierqualität | Schlechter als Original | Identisch zum Original |
Reproduzierbarkeit | Begrenzte Genauigkeit | Sehr hohe Genauigkeit |
Qualitätsverlust über Zeit | Ja (z. B. Magnetband- oder Vinylabnutzung) | Nein, bei intaktem Speichermedium |
Präzision | Physikalisch begrenzt | Abhängig von Samplingrate & Bit-Tiefe |
Während analoge Datenträger einer steten Abnutzung unterliegen, ist das bei digitalen Datenträgern nicht der Fall. Was analog verloren geht, kann nicht mehr wiederbeschafft werden. Bei digitalen Datenübertragungen sorgen Prüfsummenprotokolle für den bitperfekten Transport. Verlorene oder korrumpierte Datenpakete werden einfach neu angefordert.
Freilich hat Analog vs. Digital nichts mit der subjektiv empfundenen Klangqualität zu tun. Auch wenn digitale Musik in hoher Auflösung prinzipiell messtechnische Vorteile zum Beispiel hinsichtlich Kanalgleichheit, Rauschabstand und Kanalübersprechen hat, schwören viele auf die analoge Musikwiedergabe. Auf der HIGH END in München 2025 hatte ich Gelegenheit, im Raum von Soulnote einen Thorens New Reference Plattenspieler zu hören. Das war in meinen Ohren ein Klanggenuss allerhöchster Qualität!

Was bedeutet Bitperfekt?
Wie schon in den Grundlagen ausgeführt hat digitales Quellmaterial den prinzipiellen Vorteil, dass die Nullen und Einsen immer erhalten bleiben. Dafür sorgen die CRC-Prüfsummen. Wenn ein Paket beim Sender erstellt wird, wird eine CRC-Berechnung über die Bitfolge durchgeführt und die Prüfsumme an den Datenblock angehängt (Nr. 11, 22, 33, 44 unten im Bild). Der Empfänger führt nach dem Empfang die gleiche Berechnung aus. Stimmt die empfangene nicht mit der selbst berechneten Prüfsumme überein, geht der Empfänger von einer fehlerhaften Übertragung aus, und der Datenblock wird verworfen und neu angefordert.

Wie erfolgt die digitale Datenübertragung?
Im Bild unten wird im Eye Pattern Diagramm auf der Ordinate (y-Achse vertikal) der Spannungszustand definiert, ab dem eine binäre 0 oder 1 anliegt. Auf der Abszisse (x-Achse horizontal) ist der Zeitverlauf angegeben. Über die Spannungszustände und dem Zeitverlauf ergibt sich so zum Beispiel eine Bitsequenz von 011 (Gelb).
Während die Latenz eine feste Zeit zwischen zwei Ereignissen definiert, beschreibt Jitter die Schwankungen innerhalb dieser Zeit. Diese Schwankungen können im Eye pattern Diagramm an den Schnittstellen der aufeinanderfolgender Wellenformen gemessen werden.
Wenn sich über die verschiedenen Bitsequenzen auf dem Oszilloskop in der Mitte ein großes Auge erkennen lässt, ist die Signalqualität in Ordnung. Störungen in den Spannungsverläufen, zum Beispiel Verschiebungen durch Jitter oder eine zu geringe Steilheit in den Flanken können zu Fehlinterpretationen der Bitsequenzen führen. Durch die Prüfsummen wird das fehlerhafte Datenpaket zwar erkannt, aber wenn das zu oft passiert gehen Datenpakete verloren. Verschmierte Spannungsverläufe erzeugen in jedem Fall einen erhöhten Energieaufwand im Controller, weil er mehr arbeiten muss. Mehr Energie heißt mehr Wärme und führt gegebenenfalls zu einer Drosselung des Chips.
Praxis
Der Hörtest zwischen Festplatte und Streaminganbieter
Bernd (fis Audio) und ich haben kürzlich einen Soundcheck im Hörraum in Kassel durchgeführt.

Im Blindtest traktierte ich Bernd mit den unterschiedlichen digitalen Quellen derselben Aufnahme und ich wollte eigentlich mehrere Durchgänge machen. Aber er war sich auf Anhieb so sicher, dass es bei einem Durchgang blieb. Das Ergebnis in Kurzform:
Qobuz FLAC: Am schlechtesten, Raum flach
SSD FLAC: extrem schnell, schöne Hallfahnen
SSD WAV: noch dynamischer, das Beste
Das Ergebnis war schon verblüffend. Ich höre auch den Unterschied, aber nicht so klar wie Bernd. Für mich sind es eher Kleinigkeiten wie zum Beispiel ein etwas verwascheneres Ausschwingen eines Beckens. Wenn ich nicht den unmittelbaren Vergleich habe, vermisse ich bei Qobuz nichts, weshalb ich weiter gern streame.
Unterscheiden sich die Bits bei der Datenübertragung?
Als Beispiel nehmen wir eine Musikdatei in CD-Qualität. Die Auflösung (Abtastrate) und Dynamik (Bit-Tiefe) einer CD wird mit dem sogenannten Red Book Format definiert. Die Red Book CD geht zurück auf ein Dokument, das im Jahr 1980 von Sony und Philips veröffentlicht wurde. Damals haben einige Entwickler an der Standardisierung von Compact Discs (CDs) als Träger von digitalen Daten gearbeitet. Das Datenformat ist mit PCM 2 Kanäle mit je 44,1 kHz und 16 Bit vorgegeben.
Um zu berechnen, wie viele 0/1-Bits eine unkomprimierte WAV-Datei mit 44,1 kHz / 16 Bit enthält, muss man die Gesamtzahl der Bits pro Sekunde berechnen. Dafür brauchen wir die folgenden Parameter:
• Abtastrate (Sampling Rate): 44.100 Samples pro Sekunde (Hz)
• Bit-Tiefe (Bit Depth): 16 Bit pro Sample
• Anzahl der Kanäle: Meistens 2 (Stereo) – wird in der Rechnung berücksichtigt (oder anpassbar)
• Dauer der Aufnahme: z. B. 1 Sekunde, lässt sich aber einfach auf beliebige Dauer skalieren
Die Formel ist recht einfach: 44.100 x 16 x 2 = 1.411.200 Bit/Sekunde (also 0/1-Zustände).
Wenn also exakt dieselben 1.411.200 Bits jede Sekunde im DAC ankommen und verarbeitet werden, dann ist es prinzipiell egal, ob die Quelle die Festplatte oder der Streaminganbieter ist. Das kann den Klangunterschied nicht erklären.
Mein Erklärungsmodell für den Klangunterschied
Das Nachfolgende ist ungesichertes Wissen und deshalb als These ohne wissenschaftlichen Anspruch einzuordnen.
In den Grundlagen haben wir im Eye Pattern Diagramm gesehen, dass die Nullen und Einsen über verschiedene Spannungszustände vom Controller erkannt werden. Im Zeitvergleich kann es zu Jitter kommen. Möglicherweise muss der Chip im Controller aufgrund größerer Störungen aus dem Internet mehr arbeiten. Mehr Arbeit im Chip bedeutet höheres Rauschen. Möglicherweise kommt es zusätzlich zu höherem Jitter als im direkten Vergleich beim Abspielen von der Festplatte.
Der Klangunterschied zwischen FLAC und WAV könnte sich aus der Komprimierung erklären. FLAC (Free Lossless Audio Codec) ist ein verlustfrei komprimiertes Datenformat. FLAC ist kleiner als WAV, typischerweise 30–60 % der ursprünglichen Größe. WAV (Waveform Audio File Format) ist hingegen ein unkomprimiertes Datenformat und enthält die rohen Audiodaten. Bei WAV können somit die Audiodaten direkt verabeitet werden. Bei FLAC muss erst eine Konvertierung in WAV erfolgen, welches zusätzliche Arbeit für die CPU bedeutet und zu höheren Latenzen und Jitter führen kann.
Zusammenfassung
Analoge Speichermedien haben rein technisch hinsichtlich Kanalgleichheit, Rauschabstand und Kanalübersprechen Nachteile gegenüber digitalen Speichermedien. Was Analog einmal verloren ging, kann nicht mehr rekonstruiert werden. Digitale Medien dagegen sind redundant gesichert und können sich nicht abnutzen. Trotzdem können sich analoge Medien wie die Schallplatte traumhaft anhören.
Aufgrund der Prüfsummen ist die bitperfekte Datenübertragung in der Regel kein Problem. Die digitale Datenübertragung erfolgt jedoch analog über verschiedene Spannungszustände. Geringe Flankensteilheiten und Verschiebungen im Zeitbereich (Jitter) können es dem Controller erschweren zuverlässig die Nullen und Einsen voneinander zu unterscheiden.
In meinen Hörtests sind Unterschiede zwischen Festplatte und Streaminganbieter wahrzunehmen. Obwohl es prinzipiell keinen Unterschied bei der Datenübertragung gibt! Ein Musikfile in CD-Qualität kommt per Festplatte und per Streaming gleichermaßen mit denselben 1.411.200 Bits pro Sekunde im DAC an.
Und so ist es schwierig den Klangunterschied zu erklären. Mein Erklärungsmodell (These) liegt im höheren Störungspotenzial aus dem Internet und im größeren Aufwand in der Verarbeitung von FLAC vs. WAV. Von den Streaminganbietern bekommst du nur hochkomprimiertes FLAC. Mehr Arbeit für die CPU bedeutet höheres Rauschen und mehr Schwankungen, welches sich durch störenden Jitter bemerkbar machen kann.
Ob du den Unterschied hörst, weiß ich nicht. Probiere es einfach mal aus. Ich streame jedenfalls weiter sehr gern die Musik von Qobuz, weil die Unterschiede für mich eher Nuancen ausmachen. Wenn mir ein Album gut gefällt, kaufe ich es mir und speichere es im Format WAV ab. Dies erspart den Rechenaufwand für die FLAC-Umwandlung und Speicherplatz ist heutzutage sehr billig.
Du hast Fragen oder möchtest etwas beitragen? Schreibe uns: Kontaktformular
Oder schreibe per E-Mail an: info@griggaudio.de
Verpasse keinen Newsletter:
Disclaimer
Alle Informationen, die du unter Grigg Audio Solutions findest, wurden nach besten Wissen und Gewissen sorgfältig recherchiert und mit Quellenangaben belegt. Irrtümer sind jedoch nie auszuschließen. Wenn du die Informationen für eigene Nachbauten oder Softwareeinstellungen verwendest, machst du das immer auf eigene Gefahr. Wenn du Fehler findest oder dir etwas unklar ist: Melde dich!
Offenlegung finanzieller Interessen
Grigg Audio Solutions bietet Lösungen für die digitale Musikwiedergabe an. Aufgrund der Vielzahl von Lösungswegen und unterschiedlichen Zielbilder kann nur eine bestimmte Auswahl der Hardware und der Software vorgestellt und besprochen werden. Grigg Audio Solutions ist ein gewinnorientiertes Einzelunternehmen. Auch wenn Grigg Audio Solutions Wert auf eine faire ausgewogene Informationsweitergabe legt, soll jeder Leser aus Transparenzgründen wissen, wo die Berichte finanzielle Interessen berühren können.
Damit du die Berichte besser einschätzen kannst, machen wir dich auf die Marken aufmerksam, mit denen Grigg Audio Solutions in Geschäftsverbindung steht, beziehungsweise du deren Produkte bei Grigg Audio Solutions kaufen kannst: