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Wie du deine HiFi-Anlage besser nicht aufstellst – ein Erfahrungsbericht

Diesmal kommt ein sehr persönlicher Bericht. Nämlich über meine Erfahrungen mit der Aufstellung meiner Anlage. Und dabei ist am Anfang ziemlich viel schief gelaufen. Einfach deshalb, weil ich es nicht besser wusste. Hier ist meine Reise über die Jahre mit verschiedenen Räumen, Lautsprechern und Geräten.

Beengte Verhältnisse und Dröhnen

Seit der IFA 2014 in Berlin hat mich der HiFi-Virus wieder fest im Griff. Trotz miserabler Messehallen-Akustik stellte ich fest, dass sich HiFi „puristisch“ in Stereo richtig gut anhören kann.

Bowers & Wilkens CM 9 S2

Und so investierte ich in edle Bowers & Wilkens CM 9 S2 Lautsprecher mit dem legendären gelben Kevlar Mitteltöner. Angesteuert durch einen Yamaha A-S 3000 Vollverstärker. Die Quelle war im wesentlichen ein La Rosita Alpha New DAC. Der Klag war zwar schon deutlich besser als die vorherige Surround Anlage von Denon und Teufel. Aber mir fehlte was.

Bowers & Wilkens 804 D3

Und so tauschte ich die Boxen gegen die B&W 804 D3 aus. Die hatten den legendären Diamant Hochtöner. Und ich besorgte mir die Hochvolt Serie von T+A MP 3000 HV und PA 3000 HV. Zusätzlich kam noch ein Linn Klimax DS / 3 (Katalyst-Variante) hinzu.

Nur änderte sich am Klang trotz der massiven Investitionen nicht viel. Stattdessen bekam ich Ärger mit dem Nachbarn und ich hörte lieber auch aufgrund des besseren Stereosounds mit Kopfhörer Musik. Was war passiert?

Wie auf den obigen beiden Bilder zu erkennen ist, standen die Lautsprecher viel zu beengt. Weder hatten die Boxen Luft nach hinten, noch zur Seite. Die Raummoden waren beträchtlich. Schallharte Flächen am Boden und rechts zu bodentiefen Fenstern erhöhten den Diffusschallanteil. Zu allem Überfluss kam noch der Fernseher dazu, der den rückwertigen Schall sehr ungünstig reflektierte. Die geringe Basisbreite von 1,80 m trug auch nicht gerade zur Stereo Abbildung bei.

Um zu verstehen, was sich akustisch tut, gehen wir einige Grundlagen durch.

Raummoden und die Schröder Frequenz

Die Schallgeschwindigkeit in trockener Luft von 20 °C beträgt rund 343 m/sec (meter pro sekunde). Der Hörbereich des Menschen liegt zwischen 20 Hz bis bestenfalls 20 kHz. Mit diesen Festlegungen lassen sich einige Berechnungen durchführen.

Die Schallgeschwindigkeit 343 m/sec geteilt durch die Frequenz ergibt die Wellenlänge. Ein Beispiel für 70 Hz:

  • 343 m/sec : 70 Hz = 4,9 m Wellenlänge

Raummoden entstehen durch Reflexionen von Schallwellen an den Wänden, Decken und Böden eines Raums. Diese Reflexionen führen dazu, dass sich Wellen in bestimmten Bereichen des Raums verstärken und in anderen Bereichen abschwächen. Bei einer halben Wellenlänge (hin und zurück) zwischen zwei parallelen Wänden tritt eine Erhöhung der Lautstärke (Peak) auf. Sind parallele Wände zum Beispiel 2,45 m voneinander entfernt, wirst du einen Peak bei 70 Hz haben.

  • 343 m/sec : 70 Hz = 4,9 m : 2 = bei 2,45 m Raummode Maximum

Diese stehenden Wellen treten nur unterhalb der Schröder Frequenz auf, die bei maximal 300 Hz liegt. Für eine individuelle Raummodenberechnung kannst du den Raummoden Rechner – Trikustik verwenden. Daraus folgt, dass der Bass betroffen ist, welches sich bei einem Peak in Form von Dröhnen bemerkbar macht. Oberhalb der Schröderfrequenz sind die Raummoden nicht mehr das Problem, weil sie in Form von dichten Reflexionen und Nachhall ineinander übergehen. Freilich haben wir dort andere Probleme der Ortbarkeit, auf die ich nachfolgend eingehe.

Direktschall und Diffusschall

Der Direktschall bezieht sich auf den Schall, der direkt von der Schallquelle zum Hörer gelangt, ohne dabei von anderen Objekten im Raum reflektiert oder gestreut zu werden. Der Direktschall ist in der Regel der lauteste und klarste Teil des Schalls, den wir hören. Dies ist besonders wichtig in Situationen wie Konzerten oder Vorträgen, bei denen es wichtig ist, dass die Zuhörer die Sprache oder die Musik klar und deutlich hören.

Der Diffusschall hingegen beschreibt den Schall, der von den Wänden, Decken und anderen Oberflächen im Raum reflektiert und gestreut wird, bevor er den Hörer erreicht. Überlagert der Diffusschall den Direktschall, leidet darunter die Ortbarkeit der Schallereignisse. Bei zwei identische Klängen von zum Beispiel Sprache oder Klaviermusik findet im menschlichen Gehirn eine Verschmelzung der Schallereignisse statt, wenn die Verzögerung weniger als 40 ms beträgt. Wenn die Verzögerung länger als 40 ms ist, hören wir den zweiten Ton als Echo. Dieser Schwellenwert von 40 ms entspricht einer Reichweite von 14 m:

  • 343 m/sec : 1000 ms x 40 ms = rund 14 m (13,72 m) Wellenlänge

Für das menschliche Gehirn sind daher frühe Raumreflexionen in typischen Räumen nicht von direktem Lautsprecherschall zu unterscheiden. Deshalb ist es wichtig den Direktschallanteil zu erhöhen.

Endlich viel Platz aber kein Bass

Hätte ich die eigentlich recht einfachen akustischen Grundlagen schon vorher gewusst, hätte ich nie und nimmer die oben geschilderte beengte Aufstellung gewählt. Mit dem Umzug in das eigene Haus ergaben sich neue Möglichkeiten. Denn im Wohn-Esszimmer gab es durch die offene Raumgestaltung mit rund 70 m² viel Platz.

Sonus Faber Amati Futura

Bei einem guten Angebot konnte ich nicht widerstehen und ich kaufte die Sonus Faber Amati Futura. Endlich war auch kein Fernseher mehr in der Mitte. Die Geräte befanden sich hinter dem linken Mauervorsprung.

Klanglich war das schon viel luftiger, als ich es vorher hatte. Aber was war mit dem Bass los? Gelten die Amatis doch als wahre Bassmonster. Nur war der Bass deutlich schwächer als vorher. Ich begann mich mit Akustikmessungen zu beschäftigen.

Messungen der Akustik mit Acourate

Falls das für dich Neuland ist, möchte ich dich auf meinen Newsletter: Wie du deinen Raum und die Lautsprecher misst hinweisen. Als erstes interessierte mich der Frequenzgang. Im Bild unten ist gut zu erkennen, dass der Bass erst bei ca. 50 Hz beginnt (ab der 10 dB Linie). Gleichzeitig ist eine Raummode bei ca. 60 Hz auszumachen, die bis zur 25 dB Linie geht. Also eine Mode von 15 dB, was eine Menge ist.

Immerhin war der Nachhall im Mittel mit 0,5 – 0,4 sek. in Ordnung. für eine gute Sprachverständlichkeit sollen 0,6 sek. nicht überschritten werden. Wobei die Studio Norm mit rund 0,2 sek. noch viel tiefer geht.

Der IACC10 konnte zwar mit 81,8% befriedigen. Aber als ich den Hörsessel mit der hohen Lehne durch einen Sessel mit niedriger Lehne ersetzte, gewann ich einige Prozentpunkte hinzu. Wir erinneren uns an den Diffusschall, der durch die hohe Rückenlehne mit dem Glattleder direkt auf meine Ohren reflektiert wurde.

Ein eigener Hörraum

Ein eigener Hörraum ist ein Traum von vielen Audiophilen. In meinem Fall hatte ich mir den Essraum gesichert, der nach hinten zum Wohnzimmer schön offen war. Es kamen einige neue Geräte dazu. Als neues Rack dienten vibrationsarme Solidsteel Komponenten.

Strikte Symmetrie

Die Lautsprecher konnten jetzt schön symmetrisch zu den Rück- und Seitenwänden gestellt werden. Nun kam auch die nötige Bassunterstützung ab 30 Hz durch die Raumecken hinzu.

An den Seitenwänden hingen an den Spiegelpunkten Absorber, um den Direktschallanteil zu erhöhen. Der IACC10 schellte auf 93% hoch. Damit verbunden war eine Räumlichkeit und ausgeprägte Instrumententrennung, die ich so nicht kannte.

Wieder Kompromisse im Wohn-/Esszimmer

Mit dem Umzug nach Rostock stand wieder eine räumliche Veränderung an. Der eigene Hörbereich war Geschichte und die Anlage musste im Wohn-/Esszimmer integriert werden. Der Fernseher hängt wieder in der Mitte, wird aber durch Akustikelemente abgedeckt. Damit verbunden war leider auch eine unsymmetrische Aufstellung in einem L-förmigen Raum. Immerhin wurden die Computer auf den neuesten Stand gebracht. Dabei dient ein fis Audio PC als Server mit Roon Core, während der andere mit dem HQPlayer OS ausgestattet ist. Beide sind über LWL (Lichtwellenleiter) verbunden. Trotz räumlicher Unzulänglichkeiten der bisher beste Sound!

Optimierung des Frequenzgangs durch Faltungsfilter

Zum guten Klang trägt sicher die digitale Raumkorrektur durch Acourate bei. Tiefbass gibt es ab 20 Hz, davon aber bei der rechten Box ab 60 Hz zuviel. Der linke Lautsprecher steht von der Raumecke weiter weg und löscht daher ab 60 Hz sogar den Bass aus. Mit Acourate wurde ein Faltungsfilter erstellt und der Frequenzgang wird dadurch insgesamt geglättet.

Optimierung des Timings durch Faltungsfilter

Unabhängig vom Frequenzgang optimiert Acourate immer das Timing der Lautsprecher im Raum. Eine wichtige Kenngröße ist dabei die Sprungantwort. Bei Mehrwegesystemen kommt der Hochtöner meist zuerst, dann der Mitteltöner und zuletzt der Tieftöner. Mit Acourate wird die Sprungantwort aller Chassis auf eine Linie gebracht. Es gibt keinen zeitlichen Versatz mehr und alle Frequenzen kommen zeitrichtig beim Zuhörer im Sweet Spot an. Bei Interesse siehe Newsletter: Wie erstelle ich einen Faltungsfilter für die Raumkorrektur?

Zusammenfassung

Die Lautsprecher und Geräte können noch so gut sein. Wenn sie nicht richtig mit dem Raum interagieren, wirst du keine Freude damit haben. Ich habe aus meinen Fehlern gelernt. Bei der Aufstellung der Anlage sind mir wichtig:

  • Strikte zentimetergenaue Symmetrie bei der Aufstellung der Lautsprecher zum Sweet Spot
  • Ausreichende Rücken- und Seitenwandabstände bei der Aufstellung der Lautsprecher
  • gegebenenfalls ergänzt durch Diffusoren zur Erhöhung des Direktschallanteils
  • Bei einem schallharten Boden wird ein hochfloriger Teppich verlegt
  • Ein Hörsessel mit niedriger Rückenlehne und ausreichend Platz nach hinten
  • Elektronische Geräte sollen auf vibrationsarmen Racks stehen

Demnächst steht ein neuer Hörraum an, weil ich wieder umziehe. Ich werde über die Entstehung gerne berichten.

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