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Was bringt ein Reclocking mit dem Mutec REF10 SE120?

Unstrittig ist, dass eine Clock für die digitale Signalübertragung benötigt wird. Damit zum Beispiel ein Musikfile mit einer Samplingrate von 44100 „pro Sekunde“ eben zeitrichtig vom DAC von digital zu analog konvertiert werden kann.

Strittig ist, was ein Reclocking bringen soll, wenn bei der üblichen asynchronen Datenübertragung sowieso die Clock des Empfängers den Takt bereitstellt. Viele sagen deshalb, dass man sich ein Reclocking sparen kann und die beste Clock im DAC sein muss. Doch stimmt das wirklich?

In den Grundlagen schauen wir uns an, wie sich Jitter und Wander unterscheiden und was ein Reclocking bewirken kann. Im Praxisteil beleuchten wir den laut Hersteller „ultimativen audiophilen 10‑MHz-Referenztaktgenerator“ Mutec REF10 SE120, ob er hält was er verspricht.

Grundlagen

Jitter

Während die Latenz eine feste Zeit zwischen zwei Ereignissen definiert, beschreibt Jitter die Schwankungen innerhalb dieser Zeit. Bei einer CD liegt die Samplingrate bei 44.100 Samples je 1.000 ms. Die Datenübertragung läuft dabei in Paketen ab. Wenn zum Beispiel ein Datenpaket mit 256 Samples vorgegeben wird, kann man berechnen, mit welcher Latenz die Daten transportiert werden. Im Beispiel liegt die Latenz bei 5,8 ms (1000*256/44.100).

Im Bild unten wird alle 5,8 ms ein Paket mit 256 Samples transportiert. Jitter kann jetzt dazu führen, dass die Samples unten im Beispiel auf bis zu 6,0 ms verlangsamt oder auf bis zu 5,6 ms beschleunigt werden. Wichtig: die Daten kommen immer noch Bitperfekt an. Wird die Taktung jedoch nicht korrigiert, ist das hörbar. Weil die Musik entweder zu langsam oder zu schnell abgespielt wird wie bei einer Schallplatte, deren Umdrehungszahl nicht mehr stimmt.

Asynchrone Datenübertragung

Bei der asynchronen Datenübertragung wird immer ein Puffer zur Speicherung dazwischen geschaltet. Die Puffereinstellungen wirken sich darauf aus, in welcher Zeit wieviel Daten in den Speicher geschrieben werden. Wenn wie oben im Beispiel bei einer Samplingrate von 44.100 Samples je 1.000 ms ein Datenpaket mit 256 Samples vorgegeben wird, gilt eine Latenz von 5,8 ms. Du kannst die Latenzen verringern, indem du zum Beispiel 52 Samples vorgibst. Dann beträgt die Latenz nur noch 1,18 ms (1000*52/44.100).

Kommt nun Jitter ins Spiel, werden die Pakete zu schnell oder zu langsam in den Speicher geschrieben. Denn jede Clock hat Gleichlaufschwankungen, welche natürlich von der Qualität der Clocks abhängt. Hier macht es aber nichts, weil beim Empfänger die Datenpakete aufgrund der eigenen Clock zum richtigen Zeitpunkt entnommen werden.

Prinzipienbild (vereinfacht) zur Veranschaulichung der asynchronen Datenübertragung – ohne Gewähr

Deshalb wird diese Art der Datenübertragung asynchron genannt, weil der Sender und der Empfänger die Datenpakete nicht synchron halten müssen. Freilich darf der Jitter nicht zu hoch sein, da sonst der Puffer für eine zeitgerechte Datenübertragung nicht mehr ausreicht. Läuft der Puffer beim Empfänger leer, gehen die zu späten Datenpakete unwiderruflich verloren und es kommt zu einem Knistern oder zu Dropouts bei der Musikwiedergabe.

Diese Art der Datenübertragung findest du bei Ethernet oder bei USB (hier Isochron, da feste Intervalle).

Am Rande erwähnt: Wenn du solche Probleme hast, experimentiere mit den Puffereinstellungen des Netzwerkadapters oder des USB Treibers. Im Netzwerk ist es sinnvoll „Flow control“ zu aktivieren und bei der Verwendung des HQPlayers (NAA) sogar notwendig.

Wander

Wander ist auch Jitter, nur im niederfrequenten Bereich zwischen 1 Hz und 10 Hz. Die Materie ist etwas komplex, so dass ich dieses Thema in mehrere Abschnitte aufteile.

Phasenrauschen

Um zu verstehen, wie sich Wander auswirkt, müssen wir auf eine andere Metrik wechseln: das Phasenrauschen. Während Jitter die Abweichungen im Zeitbereich anzeigt, wird beim Phasenrauschen der Frequenzbereich verwendet. Aus beiden Werten lässt sich dieselbe Drift ableiten. Im Vergleich mit anderen Clocks gilt: je niedriger das Phasenrauschen ist, desto besser.

Am Beispiel des Taktgenerators Mutec REF10 SE120 ist zu sehen, dass das Phasenrauschen folgende Werte hat:

PhasenrauschendBc/Hz
1 Hz:≤ -120
10 Hz:≤ -148
Quelle: https://www.mutec-net.com/product_ref10_se120.php#data

Diese Werte sind sensationell niedrig. Achte beim Kauf von Clocks darauf, ob der Hersteller individuelle Phasenrauschdiagramme veröffentlicht. Bei Mutec ist das immer der Fall.

Umgerechnet in Jitter ergibt sich im Vergleich (je niedriger, desto besser), dass die Taktgeneratoren von Mutec (REF10) und auch von Afterdark (Giesemann) je nach Ausprägung von hervorragender Qualität sind:

Wander vs. Jitter

Im Bild unten sind die Unterschiede zwischen Wander und Jitter dargestellt. Bei Wander handelt es sich um niederfrequenten Jitter bis 10 Hz! Zur Verdeutlichung: Die meisten Jitter-Zahlen berücksichtigen nur das Phasenrauschen im Bereich von 12 kHz bis 10 MHz, das weit außerhalb des Bereichs liegt, der das digitale Audio zu beeinflussen scheint. Wander kann die Audiosignale demodulieren und zu einer „Verbreiterung“ der Frequenzen führen. Beispielsweise würde ein 1-kHz-Signal durch 10-Hz-Jitter zu einem Frequenzbereich von 990 Hz bis 1010 Hz „aufgefächert“. 

Auswirkungen von Wander

UpTone Audio brachte eine neue These ins Spiel, siehe hier und hier.

Die These von UpTone Audio besagt, dass das Phasenrauschspektrum der eingehenden Daten das Phasenrauschspektrum der lokalen Clock (Empfänger Clock) überlagert. So gelangt Phasenrauschen von einem Gerät zum nächsten, auch über optische Verbindungen. Dieses Phasenrauschen breitet sich aus – sowohl mit Schnittstellen wie Ethernet, USB, S/PDIF, I2S, als auch in den Chips auf den Boards. Selbst ein DAC mit einer perfekten Uhr, die direkt neben dem DAC-Chip sitzt, wird von all der vorgelagerten Jitter/Phasenmodulation beeinflusst, die in den Chips und auf der Leiterplatte kurz davor stattgefunden hat.

Verbundene Systeme in diesem unteren Bereich der „Wanderung “ tauschen Taktungenauigkeiten untereinander aus. Und zwar durch Störungen, die diese Ungenauigkeiten in den Chips verursachen oder die sich über die Masse ausbreiten. Dies geschieht auch, wenn keine Musikdaten übertragen werden, da die Systeme ständig in Verbindung stehen und das Phasenrauschen anliegt. Sei es über Kupfer oder Lichtwellenleiter. Gleiches gilt für USB oder andere Systembusse. Deshalb ist eine Pufferung der Daten hier wirkungslos.

Spinnt man diese These weiter, sitzt die wichtige Clock eigentlich beim Sender, welches das Schaubild unten verdeutlichen soll. Die Clock im Empfänger (Receiver) wird natürlich weiter für die Taktung der Daten benötigt. Hier geht es um das Phasenrauschen des Senders, welche das Phasenrauschen des Empfängers überlagert.

Prinzipienbild (vereinfacht) zur Veranschaulichung von Wander bei der Datenübertragung – ohne Gewähr

Zur Vertiefung gibt es in John Swenson’s Tech Corner ein Whitepaper. Swenson war 30 Jahre lang leitender Projektleiter bei einem großen Unternehmen für integrierte Schaltkreise.

Ich möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass diese These noch nicht durch Messungen bewiesen wurde. Tatsächlich gestalten sich die Messungen als sehr aufwändig und schwierig. Lt. Swenson erfüllen die handelsüblichen Jitter-Analysatoren nur die Spezifikationen für die verschiedenen seriellen Schnittstellenstandards. Alle diese ignorieren niederfrequente Jitter-Komponenten.

Praxisbericht Mutec REF10 SE120

Spezifikationen

Der Taktgenerator Mutec REF10 SE120 hat seinen Namen, weil er

  1. ein hochpräzises 10-MHz-Referenztaktsignal für angeschlossene Geräte bereitstellt und
  2. das Phasenrauschen bei 1 Hz mit ≤ -120 dBc/Hz sehr niedrig ausfällt.

Der REF10 SE120 basiert auf einem extrem aufwendig selektierten, handgefertigten, ofengesteuerten Quarzoszillator aus deutscher Produktion. OCXO steht für Oven Controlled Crystal Oscillator, d. h. der Quarz wird auf eine bestimmte Temperatur aufgeheizt und über einen Temperaturregelkreis genau bei dieser Temperatur (bei SC-Cut Quarzen 70 – 80°C) gehalten. Dies minimiert die Frequenzdrift und macht die Clock so genau.

Das doppelt lineare Netzteil basiert auf einem Ringkerntransformator aus deutscher Produktion. Damit kann der empfindliche Quarzoszillator völlig isoliert vom Rest der Schaltung gespeist werden. Netzwerke aus hochkapazitiven Low-ESR-Elkos sorgen für eine optimale Störunterdrückung und Filterung der vom Netzteil erzeugten Versorgungsspannungen.

Die Flankensteilheit eines Taktsignals ist für die Qualität digitaler Audiosignale sehr wichtig, damit zuverlässig die 0/1-Werte unterschieden werden können. An den Anschlüssen werden Rechtecksignale mit sehr hoher Flankensteilheit und geringem Überschwingen ausgegeben. Im Gegensatz zu den sinusförmigen Signalen, die von den meisten Geräten anderer Hersteller ausgegeben werden, führen die steilflankigen Taktsignale des REF10 SE120 zu einer wesentlich schnelleren und stabileren Synchronisation der angeschlossenen Geräte. Dies führt zu einer geringeren Jitter-Induktion in der Empfängerschaltung.

Weitere Herstellerangaben (Auswahl):

  • 2 x BNC-Ausgang für 10-MHz-Referenztaktsignale, 50 Ω-Terminierung, unsymmetrisch
  • 6 x BNC-Ausgang für 10-MHz-Referenztaktsignale, 75 Ω-Terminierung, unsymmetrisch
  • Rechtecksignal, 10,000 MHz, 2 Vpp, 50:50 Tastverhältnis
  • 10.000 MHz Ultra-low-Noise ofenkontrollierter Quarzoszillator (OCXO)
  • internes Doppel-Linearnetzteil
  • Gehäusegröße/Material/Farbe: 196 x 84 x 300 mm 
  • Gewicht: ca. 4350 g

Teardown

Der Mutec REF10 SE120 ist nahezu kabellos und hervorragend verarbeitet.

Die Bedienung

Die acht Ausgänge können unabhängig voneinander ein- und ausgeschaltet werden. Im Bild unten ist nur ein Ausgang aktiv, weil ich nur einen verwende. Das Deaktivieren nicht verwendeter Ausgänge ist unbedingt zu empfehlen, damit sich diese nicht gegenseitig mit Hochfrequenz (HF) negativ beeeinflussen. Außerdem spart es Strom.

Die blaue LED mit der Bezeichnung „Ready“ tut was sie soll: Sie leuchtet dauerhaft, wenn die Clock einsetzbar ist. Das ist zwar nach ca. einer Minute der Fall, aber der Quarz ist hier noch nicht stabil. Empfehlenswert sind mindestens 30 Minuten. Ich lasse den REF10 SE120 aber immer eingeschaltet, um einen sehr stabilen Betrieb zu haben.

Auf der Rückseite sind die BNC-Anschlüsse zu sehen, die sehr robust ausgeführt sind. Hier sind unbedingt Kabel zu verwenden, welche die benötigten Impedanzen ( 50 Ω-/ 75 Ω-Terminierung) einhalten. Dies ist bei Rechtecksignalen besonders wichtig. Ich verwende hier hochwertige Kabel von Mutec: PSC 50 und PSC 75.

Klangbericht

Den Taktgenerator Mutec REF10 SE120 habe ich an den GUSTARD N18 PRO Netzwerk-Switch (5x RJ45 1x Glasfaser) angeschlossen. Der fis Audio PC erhält die Daten über den Netzwerkadapter Solarflare X2522 per LWL (Lichtwellenleiter) und gibt audiophiles DSD mit Raum- und Lautsprecherkorrektur über den NanoPi NEO3 per USB an den DAC weiter.

Den Test führte ich in meinem System mit meinem Geschäftspartner Bernd (fis Audio) durch. Dieser Test war schnell beendet, da sehr eindeutig. In Stichworten:

Reclocking an: dichter an der Musik dran, Fokussiert

Reclocking aus: mehr aus der Mitte, keine Feinheiten

Ähnliches stellte ich schon beim Test der Afterdark Clocks fest, siehe: Neue Thesen zum Reclocking – persönlicher subjektiver Klangeindruck.

Zusammenfassung

In den Grundlagen haben wir erörtert, dass Jitter bei einer asynchronen Datenübertragung meist kein Problem darstellt. Es sei denn der Jitter ist zu hoch, dass es wegen Datenverlusts zum Knistern oder zu Dropouts kommt. Hier kannst du versuchen mit Puffereinstelllungen das Problem in den Griff zu bekommen.

Wichtiger in der Betrachtung ist Wander, also der Jitter im niederfrequenten Bereich zwischen 1Hz bis 10Hz. In diesem Frequenzbereich kommt es bei den Clocks auf niedrigstes Phasenrauschen an. Wenn hier bereits beim Sender eine schlechte Clock arbeitet, wirkt sich das selbst auf die hochwertigste Clock im DAC sehr negativ aus. So die Theorie von Upton Audio. Im Umkehrschluss kann ein Reclocking deinem DAC auf die Sprünge helfen, denn im DAC wirst du eher keine OCXO Clock mit geringstem Phasenrauschen antreffen.

Gute OCXO Clocks sind extrem teuer, weil sie selten sind und per Hand selektiert werden. Lass dir immer einen Messbericht mit dem Phasenrauschen zwischen 1Hz bis 10Hz vorlegen.

Die bitperfekte Datenübertragung ist im übrigen auch bei Wander nie das Problem. Vielmehr kann Wander alle Audiosignale demodulieren. So kann Beispielweise ein 1-kHz-Signal durch 10-Hz-Jitter auf einen Frequenzbereich von 990 Hz bis 1010 Hz „aufgefächert“ werden. Diesen Drift willst du nicht hören. 

Die Spezifikationen des Taktgenerators Mutec REF10 SE120 stellen schon das Höchste dar, was heutzutage mit Reclocking erreicht werden kann. Im Teardown zeigte sich bestes hochwertiges Industriedesign. Die Bedienung ist sehr einfach. Wichtig sind Kabel mit den richtigen und stabilen Impedanzen.

Ob die Thesen von Upton Audio nun stimmen oder nicht. Der Klangtest war sehr kurz, da sehr eindeutig. Du erhältst mit dem Reclocking mehr Fokus und mehr Feinheiten und eine realistische Bühne. Lass dich von der Musik umfließen.


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