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Eine Werksbesichtigung bei T+A in Herford

Den damaligen Chefentwickler von T+A Lothar Wiemann hatte ich bei King Music in Berlin bei einer Vorführung der HV-Serie kennengelernt. Nun ermöglichte er mir eine Werksführung bei T+A in Herford, von der ich gern berichten möchte.

In den Grundlagen gehe ich kurz auf T+A ein, um dann mit vielen Bildern von meinem Besuch zu berichten.


Grundlagen

T+A = Theorie und Anwendung

Die T+A elektroakustik GmbH & Co. KG wurde 1978 von Siegfried Amft in Herford gegründet. Der Firmenname steht für „Theorie und Anwendung“, was die Philosophie des Unternehmens widerspiegelt: wissenschaftlich fundierte Technik mit praxisorientierter Umsetzung zu verbinden. Anfangs konzentrierte sich T+A auf die Entwicklung innovativer Lautsprecher, wie die omnidirektional abstrahlenden Modelle der Delta-Serie. In den folgenden Jahren erweiterte das Unternehmen sein Portfolio um hochwertige HiFi-Elektronik, darunter die Pulsar-Serie ab 1986 und später die R-Serie. Heute ist T+A ein weltweit anerkannter Hersteller von High-End-Audio-Komponenten, der weiterhin am Stammsitz in Herford produziert und sich durch technische Innovationen und zeitloses Design auszeichnet.

T+A beschäftigt rund 90 Mitarbeiter, davon allein 14 in der Entwicklungsabteilung. Die große F&E-Abteilung ist wahrscheinlich eines der Erfolgsgeheimnisse von T+A. Denn gefertigt werden die Produkte zu 95% am teuren Standort in Deutschland, wovon ich mich persönlich überzeugen konnte. Die Fertigungstiefe reicht vom Design und Platinenlayout über Zertifizierung, Montage und Messungen bis hin zur Programmierung des Betriebssystems und der Anwendungsentwicklung. Schön ist auch, dass die Nachfolge mit dem Sohn des Gründers Conradin Amft geregelt ist.

An den T+A-Innovationen hat Lothar Wiemann einen großen Anteil, war er doch rund 40 Jahre Leiter der Entwicklungsabteilung. Hier gibt es einen schönen Bericht von LowBeats: Generationswechsel in der T+A-Entwicklung: Lothar Wiemann übergibt an Jörg Küpper.

Zur Wahrheit gehört auch, dass nur rund 40% der Umsätze in Deutschland erziehlt werden. Ein großes Standbein hat T+A in den USA, wo rund 15 Leute im Vertrieb für T+A tätig sind. Weitere wichtige Absatzmärkte sind Beispielsweise Länder wie die Schweiz und China. Weltweit werden rund 30 Länder mit T+A-Produkten versorgt.


Besuchsbericht bei T+A in Herford

Vom Lautsprecherentwickler zum Elektronikspezialisten

Von Lothar wurden wir herzlich empfangen. Zum Einstieg erläuterte er die Anfänge der R-Serie. Diese wurde erstmals im Jahr 1992 vorgestellt. Sie zeichnete sich durch flache Gehäuse, ein schlichtes Design und eine modulare Systemarchitektur aus, die an das klassische Braun-Design erinnerte. 

Die abgeschrägten Kanten wurden dem damaligen T+A Lautsprechermodell nachempfunden. Die R-Serie gibt es heute noch, natürlich angepasst an den aktuellen Stand der Technik.

Die Lagerhalle

Als Anbieter des fis Audio PCs weiß ich, wie wichtig die Verfügbarkeit von guten Bauteilen ist. Die Lagerhalle von T+A ist sehr groß und hat einige technische Besonderheiten.

Klimatisiert und Antistatisch

Manche Bauteile reagieren auf Feuchtigkeit sehr empfindlich. Diese sind mit Wassertropfensymbolen gekennzeichnet und werden in luftdichten Beuteln aufbewahrt. Darüber hinaus wird die Luftfeuchtigkeit bei 65°C gehalten. Eine Besonderheit ist die Leitfähigkeit des Bodens, der eine statische Aufladung bei der Berührung von elektronischen Komponenten verhindert.

Eigenes Schraubensortiment

Faszinierend fand ich die Schraubenabteilung. Wenn es auf den Klang ankommt, lässt T+A seine eigene Schrauben von spezialisierten Betrieben anfertigen. Zum Beispiel für die Kabelklemmen bei den Lautsprecheranschlüssen. Eine schon sehr hochwertige Fertigung sieht üblicherweise Schrauben aus Messing vor, die vergoldet werden. Da Gold sich jedoch im Laufe der Zeit mit dem Messing verbindet, wird zusätzlich eine Chromschicht dazwischengelegt. Diese Chromschicht hält T+A jedoch für klangmindernd und verzichtet darauf. Dafür wird eine dickere Goldbeschichtung gewählt, so dass diese auch noch nach Jahrzehnten vorhanden ist. Dass diese Schrauben teuer sind, zumal es sich um eine Auftragsfertigung handelt, dürfte klar sein.

Alle Bauteile werden von T+A für die Bestückung besorgt

T+A muss natürlich einige Tätigkeiten von Spezialfirmen durchführen lassen. Zum Beispiel die SMB-Bestückung. SMDs werden in Gurten, Stangenmagazinen oder auf Blister-Trays transportiert und mit Automaten auf Leiterplatten bestückt. Hier kommt es natürlich auf die Qualität der Bauteile an. T+A überlässt nichts dem Zufall und liefert die SMD-Bauteile dem Bestücker zu. Alle Bauteile werden aus vertrauenswürdigen Quellen besorgt. Denn der Markt mit nachgemachten und qualitativ schlechten Bauteilen ist sehr groß.

Bauteile in Industrie- und Militärqualität

Die Bauteile für den Consumermarkt sind in der Regel nicht sehr langlebig. Lothar nannte als Beispiel ein Smartphone, welches oft alle 2-3 Jahre ausgetauscht wird. Dann müssen solche Komponenten auch nur für 5 Jahre ausgelegt sein. T+A verfolgt den langfristigen Ansatz und kauft daher bevorzugt Ware in Industrie- und Militärqualität ein. Diese sind deutlich teurer.

Unten im Bild zeigt Lothar ein Board mit Widerständen in Militärspezifikation. Diese sind antimagnetisch und können einen sogenannten elektromagnetischen Impuls (electromagnetic pulse, abgekürzt EMP) überstehen. Die Toleranzen sind sehr eng gefasst.

Die Werkshalle

Direkt nach der Lagerhalle schließt sich die Werkshalle an. Hier werden die Bauteile zusammengefügt.

Lothar erläutert das Alu-Gehäuse der HV-Serie. Hier wird Wert darauf gelegt, dass die Teile bündig schließen, damit bei Temperaturschwankungen alles stabil bleibt und HF (Hochfrequenz) wirksam abgeschirmt wird. Was mir an der HV-Serie gefällt sind die immer gleichen Gehäusemaße: 17 x 46 x 46 cm. Das sieht immer gut geordnet aus, egal ob übereinander oder nebeneinander.

Unten im Bild zeigt Lothar die rhodinierten Lautsprecherkabelklemmen, die eine noch bessere Leitfähigkeit haben als vergoldet. Rhodium ist als Rohstoff sehr teuer geworden, aber T+A will nicht darauf verzichten.

Ein Ringkerntransformator dieser Größe kann leicht anfangen zu brummen. Deshalb legt T+A Wert darauf, diese effizient zu verkapseln und anschließend zu vergießen.

Wichtig ist die Qualitätskontrolle. Es wird gemessen, was das Zeug hält. Unten im Bild ist eine HV-Frontplatte in der Wunschfarbe „Ferrari rot“ zu sehen. Eine sehr beliebte Farbe, wie Lothar feststellte.

T+A ist für sein sauberes Platinenlayout bekannt. Unten sehen wir die Wandlersektion (PCM und DSD) des neuen Modells Symphonia.

Und wieder wird gemessen. Die Messergebnisse werden prokolliert und laufen in der hauseigenen Serverfarm zusammen.

Die Reparaturabteilung

T+A sagt von sich, dass jedes Gerät, egal wie alt es ist, in der eigenen Werkstatt wieder repariert werden kann. Dafür werden auch alte Bauteile aufbewahrt. CD-Laufwerke werden zum Beispiel im Lager alle sechs Monate gewendet, damit die Federung nicht einseitig belastet wird.

Die alten Aktivboxen unten stammen aus 1994. Die bekommen bei T+A eine Revision und sind dann fit für die nächsten 30 Jahre. Außerdem sind die Kollegen dort auch für den Support zuständig, der von den T+A-Kunden sehr geschätzt wird.

Die Lautsprecherfertigung

Mit Lautsprechern ist T+A ursprünglich groß geworden, aber diese sind nicht mehr Hauptumsatzträger.

Beeindruckend war der schalltote Raum für die Lautsprechermessungen. Als Lothar die Tür zumachte, war es ein beklemmendes Gefühl. Es gab keinen Nachhall und es war sehr unnatürlich. Deshalb sollst du deinen Hörraum nicht überdämpfen.

Hörräume

Um die Natürlichkeit der Klangwiedergabe von Kopfhörern zu testen, gibt es einen Extra-Hörraum für die Kopfhörerentwicklung. Hier wird der Zuhörer abwechselnd vom Kopfhörer und rundum von insgesamt 8 Aktivboxen beschallt.

Und natürlich gibt es noch einen Hörraum für die T+A Komponenten.

Die Entwicklungsabteilung

Hier kommen wir jetzt zu Lothars letzter Wirkungsstätte, nämlich der Forschung und Entwicklung (F&E) von T+A. Unten ist ein Arbeitsplatz für das Gehäusedesign zu sehen.

Direkt gegenüber sitzt ihm sein Kollege, der für das Design des Platinenlayouts zuständig ist. Die räumliche Zuordnung hat den Vorteil des direkten Austauschs miteinander. Auch die App-Entwickler und Programmierer für das Betriebssystem sitzen nicht weit weg. Damit unterscheidet sich T+A von anderen Unternehmen, deren weltweit verteilte Abteilungen unter langen Kommunikationswegen leiden.

Und natürlich wird auch in dieser Abteilung gemessen, bis der Arzt kommt. Lothar legt aber Wert darauf, dass immer das Ohr entscheidet. Tatsächlich sind die Messergebnisse der heutigen Geräte in Teilen schlechter als damals. Weil es eben auf den Klang ankommt.

Ein gelungener Besuch bei T+A

Wie unten auf dem Bild zu sehen ist, waren alle Beteiligten sehr zufrieden. Von links nach rechts Tobias, ein HiFi-Begeisteter wie ich, der Autor und nochmal Lothar.

Zusammenfassung

Der Name T+A = Theorie und Anwendung ist Programm. Die Lagerhalle ist klimatisiert und antistatisch und sorgt so für einwandfreie Bauteile, die von T+A nur von seriösen Anbietern eingekauft werden. Die Bauteile sind in Industrie- und Militärqualität ausgeführt. Ein eigenes Schraubensortiment ist sicher einzigartig.

Die Werkshalle ermöglicht mit Spezialgeräten und gut ausgebildeten Mitarbeitern eine hervorragende Fertigungsqualtität. Nichts verlässt das Werk ohne Messprotokoll.

Die Reparaturabteilung setzt alle T+A-Geräte ab 1978 wieder instand und ist bei den Kunden für den guten Support beliebt.

Die Lautsprecher werden in eigenen schalltoten Räumen messtechnisch ausgereizt. Die Hörräume ermöglichen selbst für Kopfhörer eine einzigartige Abstimmung.

Die Entwicklungsabteilung sitzt im Haus und hat kurze Kommunikationswege. Wir dürfen auf weitere Innovationen gespannt sein.

Für mich war es ein sehr gelungener Besuch bei T+A und ich bedanke mich sehr herzlich für die Gastfreundschaft. Ich durfte übrigens alles fotografieren was ich wollte. T+A ist sehr transparent. Mit T+A stehe ich nicht in Geschäftsverbindung, sondern ich bin ein normaler Kunde wie jeder andere auch. Zu diesem Bericht wurde ich weder aufgefordert, noch habe ich eine Vergünstigung erhalten.


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