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Das Geheimnis der apodisierenden Filter

Einleitung

Puristen sagen, dass eine bitgerechte Wiedergabe im NOS (Non Oversampling) völlig ausreichend ist. Denn der Mensch hört nur bis max. 20kHz und ein Oversampling kann nichts hinzufügen, was auf der Quelle nicht drauf ist.

Hört sich erstmal logisch an. Bis man tiefer in die Signalverarbeitung einsteigt und feststellt, da können jede Menge Fehler passieren. Schon im Aufnahmeprozess.

In den Grundlagen sehen wir uns den Weg von der Aufnahme bis zur Wiedergabe einer CD in der heimischen Musikanlage an. Anschließend beschäftigen wir uns mit möglichen Verbesserungen von sogar verhunzten Aufnahmen.

Grundlagen

Von der Aufnahme zur Wiedergabe

Analog to Digital Conversion (ADC)

Oben im Bild ist der Aufnahmeprozess im Beispiel beschrieben. Es wird die Produktion und die Wiedergabe einer CD (RedBook) gezeigt. Bei der digitalen Signalverarbeitung kommt die Delta-Sigma-Modulation (DSD) zum Einsatz. Diese Technik kann seit den 1970er Jahren mit den Fortschritten in der CMOS-Technologie preiswert umgesetzt werden. Delta-Sigma-Modulatoren werden von vielen großen Halbleiterherstellern als fertige integrierte Schaltung angeboten und deshalb findest du sie oft in ADC-/ oder DAC-Chips.

Aufgenommen wird mit einer DAW (Digital Audio Workstation) und einem guten Mikro mit einem Frequenzgang bis 50kHz. Die analogen Signale werden digitalisiert und vom Delta Sigma Modulator auf DSD128 (5,6MHz/1Bit) umgerechnet. Ein Dezimator reduziert dann die Samplingrate auf das gewünschte Format von 44.1kHz/16Bit. Anschließend kann ein Mastering erfolgen (im Bild nicht dargestellt) und das Musikstück wird auf einer CD oder einem anderen Datenträger gespeichert.

Digital to Analog Conversion (DAC)

Du nimmst die CD und spielst sie ab. Dabei muss der DAC den umgekehrten Weg gehen und das digitale Signal oversamplen, damit der Modulator DSD128 (5,6MHz/1Bit) im Ausgang die Rohdaten für die Umwandlung in Analog bereitstellen kann. Aufgrund der Nyquist Grenzfrequenz bleibt das Audioband auf die Hälfte der ursprünglichen Abtastrate begrenzt und ermöglicht einen Wiedergabebereich von 20Hz bis maximal 22,05Hz (1/2 von 44,1kHz).

Verbesserte Rekonstruktion

Fehler im Aufnahmestudio kompensieren

Hoffentlich liest das jetzt kein Toningenieur. 😄 Aber ja es ist nun mal Realität, dass sich nicht jeder Musiker ein Abbey Road Studio leisten kann. Manche Tonstudios müssen mit weniger werthaltigem Equipment auskommen. Und so manch Musiker produziert seine Aufnahmen selbst. Oder es passieren einfach Fehler beim Mastering. Jussi Laako, der Entwickler vom HQPlayer behauptet sogar, dass 90% von RedBook kein gutes Mastering ist! Gute und schlechte Qualitäten sind nicht nur hörbar, sondern auch messbar.

Nachfolgend stelle ich einige Beispiele vor. Dafür verwende ich das Spektrogramm vom HQPlayer.

Mogelpackungen

Im Titelbild siehst du eine Quelle mit eigentlich 44.1kHz, die aber nur ein Frequenzspektrum bis ca. 10kHz zur Verfügung stellt! Mogelpackungen kannte ich bisher nur von HiRes-Dateien, womit wir zum nächsten Beispiel kommen.

Kürzlich hörte ich den Titel Alone Together von Chet Baker in der HiRes Version mit 192kHz. Das ist eine Aufnahme von 1959. So richtig wollte das nicht zünden. Im Spektrogramm unten sieht man auch warum. Nur ein Bruchteil der Bandbreite (bis ca. 20kHz) wird genutzt. Möglich wären 96kHz (die Hälfte der ursprünglichen Quellfrequenz). Stattdessen sind im oberen Rand vermutlich Alias-Effekte (roter Bereich) zu sehen. Der Apodisierungszähler links schießt deshalb abartig in die Höhe.

Was machst du, wenn dir die Aufnahme sehr gut gefällt und die Tonqualität gut sein soll? Hier kommt eine Stärke von Roon hinzu. Wenn du auf „Versionen“ klickst, bekommst du alle vorhandenen Versionen angezeigt. Ich fand eine gute 44.1kHz Version. Hier sehen wir jetzt eine schöne Ausnutzung der möglichen Bandbreite bis 22,05kHz und eine gute Dynamik. Der Apodisierungszähler schlägt auch nicht an. 

Beispiel für Stromstörungen

Hier ist ein Titel in 44,1kHz mit einer sehr schönen Dynamik. Das Frequenzspektrum wird bis zur Nyquist-Frequenz von 22,05kHz voll ausgeschöpft. Bei genauerem Hinsehen ist eine horizontale Linie bei ca. 10kHz zu sehen. Die übliche Quelle dafür ist in der Regel ein Schaltnetzteil, das zur Stromversorgung des A/D-Wandlers verwendet wird. Es gibt auch SMPS-betriebene ADCs, die keine solchen Störungen aufweisen.

PCM 44,1kHz mit Ausschöpfung der Nyquist-Frequenz

Beispiel für übertriebene Lautheit

Das Problem der heutigen Zeit sind totkomprimierte Musikstücke (Loudness War). Diese Komprimierung des Audiosignals führt zwar zu einer konstanteren „Hörbarkeit“ der Musik, hat aber auch einen hohen Verlust an Dynamik zur Folge. Es kommt vor, dass die oberen Bänder dadurch beschnitten werden. Im Bild unten sind im Spektogramm die abgeschnittenen Linien mit einem hohen Rot-Anteil gut zu erkennen. Links schießt in der Zeile „Limited / Apod.“ der Apodisierungszähler als Indikator für ein schlechtes Mixing auf über 8.000 nach oben. An den hohen Werten kann auch ein schlechter Dezimator im ADC verantwortlich sein.

PCM 44,1kHz mit abgeschnittenen Spektrum bei 22,05kHz und hohen Apodisierungswerten

Apodisierungsfilter als Problemlöser

Der Einsatzzweck des Apodisationsfilters ist es, die Impulsantwort des ursprünglichen Dezimationsfilters durch eine andere hochwertigere zu ersetzen. Dies ermöglicht das Ändern des Zeit- und Frequenzbereichsverhaltens des ursprünglichen Filters. Ein möglicherweise wichtigerer Punkt ist das Bereinigen des Aliasing-Bands bei den höchsten Frequenzen. Abhängig von den ADC / Mastering-Werkzeugen kann es zu einem gewissen Aliasing-Band am oberen Rand des Frequenzbands kommen.

Nicht apodisierende Filter lassen die (möglicherweise fehlerhaften) produktionsseitigen digitalen Filtereigenschaften durch. Apodisierende Filter sind für Samplingraten von 44.1/48kHz wegen der niedriger liegenden Nyquist-Raten am wichtigsten.

Der HQPlayer stellt eine große Anzahl von apodisierenden Filtern zur Verfügung. Siehe HQPlayer Tabelle mit den Filtereigenschaften.

Der Audio PC als Problemlöser

Mir ist kein DAC mit apodisierenden Filtern bekannt. Auch ist die Rechenleistung im DAC begrenzt. Bei den weit verbreiteten Delta Sigma Chips im DAC erfolgt vor der Wandlung in Analog ein Upsampling in DSD. Warum also nicht gleich dem DAC das Musikstück in DSD zuführen? Weitere Infos erhältst du hier: Wie arbeitet ein DAC und was kann Upsampling bewirken?

Zusammenfassung

Leider wird dem geneigten Musikhörer nicht immer die beste Quelle angeboten. Schlechtes Equipment des Tonstudios oder schlicht Digitalisierungsfehler können den Musikgenuss deutlich trüben. Mit dem HQPlayer Apodisierungszähler kanst du schlechte Quellen schnell erkennen. Und verwende einen apodisierenden Filter für Samplingraten von 44.1/48kHz, weil sich in diesem Bereich am ehesten Aufnahmefehler bemerkbar machen. Fall nicht auf Mogelpackungen herein und verwende bei neuen Aufnahmen zur Kontrolle das Spektrogramm vom HQPlayer. Im Zweifel ist eine andere Aufnahmeversion, sofern vorhanden, zu bevorzugen.

Im DAC wird oft ein Delta-Sigma-Chip eingesetzt. Hier kannst du von den hochwertigen Modulatoren des HQPlayers profitieren und dem DAC die Arbeit erleichtern. Führe ein Upsampling von PCM in DSD mit dem HQPlayer durch und du umgehst die einfachen Filter, Oversampling– und Modulatorenstufen im DAC (in Abhängigkeit des DAC-Designs). Den DAC betreibst du möglichst im NOS (Non Oversampling).

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