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Stromarchitektur von Motherboards

Einleitung

In audiophilen Kreisen hat sich herumgesprochen, dass die Stromversorgung für einen guten Klang elementar ist. Weniger bekannt ist, dass dies sogar für die digitale Ebene gilt.

In den Grundlagen schauen wir uns an, wie digitale Daten verarbeitet und übertragen werden und welche klangliche Auswirkungen Ripple Noise haben kann. Die Strom-Architektur von Motherboards spielt bei einem Audio PC eine große Rolle und deshalb schauen wir uns unterschiedliche Designs genauer an.

Grundlagen

Digitale Datenverarbeitung und Übertragung

Im Chip befinden sich die Transistoren, welche Binärcodes verarbeiten. Das sind zwei gegensätzliche Zustände, welchen in einer 0 und 1 dargestellt werden können.  Jeder dieser Transistoren wird dabei als eine Art elektronischer Schalter eingesetzt, um einen Teilstrom ein- oder auszuschalten.

Die Binärcodes müssen über die Leiterbahnen der Platine, auf dem der Chip sitzt, transportiert werden. Und von der Platine gehen die Daten über Schnittstellen rein oder raus. Zum Beispiel per USB oder Ethernet zu deinem DAC.

Bei Ethernet hast du vielleicht schon Bilder mit dem sogenannten Eye pattern oder Augenmusterdiagramm gesehen. Diese Messungen lassen Rückschlüsse auf die Qualität des Signals zu. Dabei wird mit einem Oszilloskop die Überlagerung aufeinanderfolgender Wellenformen zu einem zusammengesetzten Bild erstellt. Im Bild unten wird auf der Ordinate (y-Achse vertikal) der Spannungszustand definiert, ab der eine binäre 0 oder 1 anliegt. Auf der Abszisse (x-Achse horizontal) ist der Zeitverlauf angegeben. Über die Spannungszustände und dem Zeitverlauf ergibt sich so zum Beispiel eine Bitsequenz von 011 (Gelb).

Wenn sich über die verschiedenen Bitsequenzen auf dem Oszilloskop in der Mitte ein großes Auge erkennen lässt, ist die Signalqualität in Ordnung. Störungen in den Spannungsverläufen, zum Beispiel Verschiebungen durch Jitter oder eine zu geringe Steilheit in den Flanken können zu Fehlinterpretationen der Bitsequenzen führen. Durch die Prüfsummen wird das fehlerhafte Datenpaket zwar erkannt, aber wenn das zu oft passiert, stresst das die CPU und es gehen Datenpakete verloren.

Wir halten fest, dass die binären Daten in einer analogen Technik übertragen werden. Saubere Spannungszustände im Stromfluss sind entscheidend für die binäre 0 oder 1.

Ripple Noise (Welligkeitsrauschen)

Die Welligkeiten sind AC-Schwankungen (Wechselstrom periodisch) und das Rauschen (zufällig), die in den DC-Schienen (Gleichstrom) eines Netzteils zu finden sind. Die Welligkeit verringert die Lebensdauer von Kondensatoren erheblich, da sie ihre Temperatur erhöht. Auch spielt die Welligkeit eine wichtige Rolle bei der Stabilität des Gesamtsystems, insbesondere wenn die CPU übertaktet wird.

Am schlimmsten sind die hörbaren Auswirkungen der Welligkeit, weil die Brummfrequenz und ihre Harmonischen innerhalb des Audiobandes liegen! Die Welligkeitsgrenzen betragen laut ATX-Spezifikation 120 mV für die 12V-Schienen und 50 mV für den Rest (5V und 3,3V). Zuviel für die Audio Wiedergabe. Das lineare Netzteil OPTIMO S ATX – JCAT hat stattdessen ein Ripple Noise von weniger als 0,025 mV.

Mögliche klangliche Auswirkungen

In der Theorie kommen alle Daten bitperfekt an, weil es Prüfsummen gibt und bei Fehlern die Datenpakete neu angefordert werden. Außerdem sorgen Puffer in den Schnittstellen für eine asynchrone Datenübertragung. Daher behaupten viele, dass Digital gegen Klangveränderungen immun ist.

In der Praxis können Störungen in der Stromversorgung jedoch für hohen Jitter sorgen und die Wellen driften auseinander. Oder die notwendige Flankensteilheit ist nicht mehr gegeben. Kann der Controller die Spannungszustände nicht mehr zuverlässig zwischen einer 0 und einer 1 unterscheiden, erkennen Prüfsummenprotokolle den Fehler. Reicht bei Fehlern die Zeit für eine Neuanforderung der Daten jedoch nicht mehr aus, sind hörbare Kratzer wie von einer Schallplatte, sowie Drop Outs die Folge, weil Datenpakete verloren gegangen sind.

Ein weiterer Punkt ist das elektrische Rauschen (thermisches Rauschen), welches zunimmt, wenn die CPU gestresst wird. Es können zusätzlich Interrupts entstehen, welche andere Prozesse stoppen. Dies führt zu hohen Latenzen, die sich auf eine Musikwiedergabe sehr störend auswirken können.

Ein oft nicht bedachter Nebeneffekt ist die Weitergabe des Ripple Noise über die Masseleitung an angeschlossene Geräte. Das kann über die (ungefilterte) Stromversorgung geschehen, aber auch über kupfergebundene Datenkabel wie LAN, USB, S/P-DIF, etc. Wenn das Welligkeitsrauschen in den DAC oder/und in den Verstärker gelangt, bewegen wir uns im hörbaren analogen Bereich.

Motherboard

Stromphasendesign

Die CPU benötigt mit Abstand den meisten Strom, GPUs (Grafikkarten) ausgenommen. Deshalb kommt es gerade hier auf das Stromdesign an.

Phasen-Doppler-Design

Die Strom Architektur wird beim Gaming Mainboard ROG Maximus XIII Extreme | ASUS sehr gut erklärt. Die PWM-Controller steuern den Stromkreis, während die Leistungsstufen aus elektrischer und thermischer Sicht die Schwerstarbeit übernehmen. Im ROG Maximus XII Extreme kommen 20 Leistungsstufen mit 100A zum Einsatz. Festkörperpolymerkondensatoren fungieren als Ein- und Ausgangsfilter.

Im Bild unten ist die Arbeitsweise von Phasen-Dopplern zu sehen. Grundsätzlich werden je zwei Leistungsstufen zusammengeschaltet, welches einen höheren Spitzenstrom pro Phase ermöglicht. Der Nachteil ist, dass Phasen-Doppler eine Ausbreitungsverzögerung (hohe Latenzen) bewirken, die das transiente Verhalten behindern.

Im konventionellen Phasen-Doppler-Design werden die Leistungsstufen sequentiell, also nacheinander geschaltet. ASUS macht es besser, indem die Leistungsstufen parallelgeschaltet werden.

Direktes Phasen-Design

Das MSI MEG Z690 UNIFY-X Gaming Motherboard ATX geht hier einen anderen Weg. Dabei werden die insgesamt 19+2 digitalen Leistungsphasen mit je 105A direkt vom PWM-Controller angesteuert. Dadurch werden grundsätzlich geringere Latenzen erreicht.

Disclaimer: Ob das in der Realität wirklich so ist, hängt natürlich auch von anderen Kriterien ab. Mir sind bei den hier genannten Motherboards keine Messungen bekannt, welche die grundsätzlichen Erwägungen bestätigen. Insofern gibt es keine Kaufempfehlungen von mir!

Leiterbahnen und Kontakte

Wo Strom fließt, sollen die Wege möglichst kurz sein, was für ein mehrlagiges Platinen Layout spricht. Außerdem sollen die Leiterbahnen nicht zu knapp dimensioniert sein, um den Stromdurchfluss nicht zu bremsen.

Die Kontakte sollen von einer soliden Qualität sein, um Wackelkontakte und Kurzschlüsse zu vermeiden.

Im bereits erwähnten MSI MEG Z690 UNIFY-X Gaming Motherboard ATX werden diese Bedingungen sehr gut erfüllt. Die Leiterplatte besteht aus 8 Schichten PCB auf Serverniveau. Die Leitbahnen sind aus 2oz Kupfer. Zwei PCI-Sockets werden mit Stahl für einen besseren Halt verstärkt. Die Molex Steckkontakte sind sehr stabil und bieten Steckern einen sehr guten Halt. Die SMT-Technik wurde verbessert, um schadhafte Lötstellen zu vermeiden.

Aus diesen Gründen haben wir uns für hochwertige MSI-Motherboards und aufgrund deutlich reduziertem Ripple Noise für lineare Netzteile entschieden.

Zusammenfassung

Die digitale Datenübertragung findet analog im Stromfluss über verschiedene Spannungszustände statt. Deshalb ist ein geringer Ripple Noise (Welligkeitsrauschen) auf dem Motherboard so wichtig, damit die digitalen Daten zuverlässig zwischen 0 und 1 unterschieden werden können.

Klangliche Einbußen entstehen bei verlorenen Datenpaketen, Jitter, thermischen Rauschen und Interrupts. Ein Nebeneffekt ist, dass Ripple Noise in den analogen Bereich der angeschlossenen Geräte wandern kann.

Moderne Motherboards sollen über ein effizientes Stromphasendesign verfügen. Für geringe Latenzen eignet sich ein direktes Phasen-Design grundsätzlich besser als ein Phasen-Doppler-Design. Ein mehrlagiges Platinenlayout mit stromfesten Leiterbahnen und stabilen Kontakten ermöglicht einen störungsfreien Stromdurchfluss.

Achte beim Kauf eines Motherboards auf die oben genannten Kriterien.

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